reise nach bielefeld, cooperativa

Jour fixe

Fangen wir gleich an mit einer wahren Perle, die an jedem ersten Montag des Monats stattfindet: dem Jour fixe. Lokale, überregionale und internationale Komponist:innen stellen sich und ihre Arbeit vor, Interpret:innen analysieren Werke, spartenübergreifende und experimentelle Künstler:innen geben Einblicke in ihre Ansätze, Theoretiker:innen vermitteln ausgefeilte Sichtweisen. Eine Art offener Workshop, in dem Erfahrungen und Gedanken ausgetauscht werden und der eine Szene für neue Musik in Bielefeld schult. 

Konzerte

Im Bielefelder Musikleben stünde es schlecht um die zeitgenössische Musik, wenn nicht die Cooperativa mit ihren etwa 60 Mitgliedern und ebenso vielen Sympathisanten kontinuierlich mit Konzerten Maßstäbe setzen und auch lokalen Komponist:innen, Interpret:innen, Experimentierenden und Improvisierenden ein Podium verschaffen würde. Ein Beirat aus trifft sich regelmäßig, um Ideen auszutauschen und umzusetzen. So gab es ca. 150 Konzerte mit bekannten Namen wie dem Arditti Quartett, der Musikfabrik, Schola Heidelberg oder David Moss und natürlich mit ebenso spannenden unbekannten. Darunter auch etliche Portraitkonzerte.

Festivals

Während es vor der Jahrtausendwende bereits Lange Nächte der neuen Musik gab, entwickelten sich danach zunehmend größere Formate. In Cage 100 wurde mit seinem Musicircus ein ganzer Kunsthallenpark bespielt. 

Seit 2004 entstand unter der Leitung von Willem Schulz und Marcus Beuter die viel beachtete Neue-Musik-Nacht DIAGONALE. 7 Stunden innovative und experimentelle Musik. Diagonal zwischen neuer Klassik / Elektronik / Jazz / Independent / Noise. Zwischen Musik / Tanz / Kunst / Film / Text / Performance. Zwischen Komposition / Konzeption / Improvisation. Zwischen Laien / Semiprofis / Profis. Und nicht zuletzt zwischen Spieler:innen / Publikum. Diagonal durch die Rudolf-Oetker-Halle mit ihren Sälen, Treppen, Katakomben samt U-Bahnstation und Bürgerpark. DIAGONALE als wesentliche Erweiterung des Neue-Musik-Begriffs im Sinne von Vernetzung und Austausch innovativer Musik aller Genres.

Als Bielefeld 800 Jahre alt wurde, ersann die Cooperativa eine riesige Soziale Skulptur mit 800 Mitwirkenden aus allen soziokulturellen Bereichen rund um den Obersee: die bielefelder Schwärme.

Orte

Glücklich darf sich die Cooperativa schätzen, für Proben, Treffen und viele Konzerte ein Domizil in der ehemaligen Krankenhauskapelle, der Capella hospitalis gefunden zu haben, die 2003 zu einem wunderbaren Kunstraum umgestaltet wurde. Weitere Aufführungsorte sind die Rudolf-Oetker-Halle, der Bunker Ulmenwall, das Theaterhaus TOR 6, die Kunsthalle, Artists Unlimited, diverse Kirchen und alle möglichen Off- und Natur-Räume.

Das Cooperativa Ensemble

2014 entstand die Idee, mit den aktiven Mitgliedern das erste Bielefelder Neue-Musik-Ensemble zu gründen und sich in dieser zufälligen Zusammensetzung offensiv in das kulturelle Leben einzumischen. Das Ensemble verfügt über eine ungewöhnliche Vielfalt an Potentialen. Klassischer Gesang, Klavier, Klarinette, Cello, Gitarre und Perkussion. Zudem eine Texterin sowie drei Klangkünstler*innen, die sehr unterschiedlich arbeiten: Kinetische Klangkunst, circuit bending, found sounds, field recordings und analoge Synthesizer. 

Klassische Kompetenzen treffen sich mit denen aus freier Improvisation und Jazz ebenso wie aus der Elektronik, der akustischen Kunst, der Klanginstallation, der Sprachkunst, der Performance, der musikalischen Inszenierung von Architektur, Stadt und Landschaft, der musikalischen LandArt und der Sozialen Skulptur.

Mehrere Ensemblemitglieder sind zudem als Komponist:innen tätig und haben für das Ensemble geschrieben. 2020 erhielt das Cooperativa Ensemble eine 3-jährige Förderung, mit der es trotz Corona diverse neue Formate, Projekte, Konzerte und nicht zuletzt interne Forschung realisieren konnte. Gerade wurden 7 Kompositionsaufträge an spartenübergreifend arbeitende Künstler:innen vergeben.

In seiner Forschungsarbeit geht es dem Ensemble zum einen um ein subtiles gegenseitiges Einhören und experimentelles Kommunizieren. Zum anderen sollen neue Formate entwickelt werden, um sich mit innovativer Musik in die Gesellschaft einzumischen. Konfrontationen mit dem Fremden als ein Beitrag zu Verständigung und Toleranz.